Donnerstag, 30. April 2015

30.04.'15 - Vathi; Ithaka - Endlich in Griechenland

Vathi auf Ithaka; 182 nm in 31 Stunden
28.04.'15 - Dienstag in Crotone

Den Montag haben wir hier verbracht. Den Dienstag bleiben wir ebenfalls hier. Wir schauen uns in der Kaiserpfalz von Karl V um, an der auch vor und nach ihm Viele haben herumbauen lassen. Unsere Vorräte an Mineralwasser ergänzen wir ebenso wie die Trinkwasservorräte in den Tanks der Seahorse.

Im Grunde sind wir reisefertig. Wir wollen aber erst Morgen gegen 0500 auslaufen, weil die Prognosen uns dann das herrlichste laue Freizeit-Segelwetter versprechen.

Helmut hat sich eine neue Software auf sein iPad geladen, die letztlich die gleichen Daten liefert wie das 'YachtingWeather', diese aber anschaulicher visualisiert. Aus dieser Visualisierung nehmen wir den zeitlichen Offset von etwa 3 Stunden auf die letzte Zeitreihe, die wir zuvor mit YachtingWeather erstellt haben.

Im Augenblick [1645] wehen uns hier im Hafen unter der Abdeckung der nahen Berge aus SSW 20 kn um die Ohren, in Böen 30 kn. Das beansprucht die Anlegeleine an Backbord stark, weil dort jetzt auch noch eine andere Yacht drauf drückt. Also wird dort mit einer zweiten Leine verstärkt. 

Crotone gefällt uns. Aber wir wollen jetzt weiter. Auf Ithaka werden wir endlich mehr als die halbe Strecke hinter uns gebracht, aber die Hälfte der geplanten Zeit verbraucht haben. In Istanbul wollen wir aber noch ein paar Tage zum 'amüsieren' haben. Ab jetzt geben wir Gas ;-)


29.04.'14 - Wir segeln wieder

Ich habe schlecht geschlafen, weiß aber nicht, wann der starke Wind in der Nacht eingeschlafen ist. Als ich um 0345 aufgestanden bin, war im Hafen alles so ruhig, als hätte hier nie ein heftiger Wind geweht.

Um 0415 starten wir den Motor, werfen die Leinen los und drehen den Bug Richtung Ithaka. Zunächst haben wir im Bereich der Abdeckung von Capo Rizutto keinen verwertbaren Wind. Ab 0545 segeln wir mit beiden Tüchern und endlich wieder ohne Motor. Kurs 102° durch eine Dünung von etwa 1,5 Fuß, die uns seitlich an Steuerbord trifft. Der Wind ist eher schwach, schiebt uns aber auf Halbwindkurs vorwärts. Die Sonne geht um 0556 unter 77° auf. Alles ist gut!

Ab 0600 motoren wir wieder :-(
Die Sonne steigt schnell auf. Um uns herum sind wenig andere Fahrzeuge. An Steuerbord, von dort kommt aktuell das Wetter, lösen sich die wenigen Wolken bereits auf. An Backbord zeigen sich noch viele Wolken, die von dem gestrigen Wind zu einer kompakten, dunklen Masse zusammengeschoben wurden.

Um 0800 segeln wir wieder mit wahrem Wind von 18 kn aus WNW. Die Seahorse macht jetzt 8 kn FdW, einige Male 9 kn, in der Spitze lese ich 9,4 kn. So sollte das jetzt bis Griechenland laufen. Aber um 0900, bei Böen aus NNW über 20 kn und voll gesetzten Segeln nimmt das Dingi langsam aber sicher immer mehr Wasser. Das Selbstlenzventil des Dingis ist geschlossen. Wir wollen es am Heck der Seahorse hochziehen und an den Davids sichern, damit es uns nicht bremst.

Dabei verlieren wir in dieser Reihenfolge zunächst unseren letzten Bootshaken, meine geliebte Mütze (Dockland :-( und dann auch noch das Dingi, das mit einem Male weit hinter uns treibt.

Die anschließende 'Dingi über Bord' Rettungsaktion läuft schnell, aber anstrengend und nicht risikofrei ab. Motor an, Segel runter, Dinge anfahren (mehrfach) und die Halteleine einfangen, ohne daß dabei jemenad von uns über Bord geht und ohne die Halteleine in die Schraube zu locken. 

Danach brauchen wir noch eine halbe Stunde zum Aufräumen, Dingi sicher vertäuen, Schoten des Genua entwirren ...  Um 1000 segeln wir wieder, bald darauf mit gerefften Segeln.

Wellen bis zu 2 m laufen uns jetzt an Backbord achtern an, kippen das Boot nach Steuerbord, heben es hoch und lassen es nach Backbord kippend an ihren Flanken herunter rutschen.

Das muß man mögen ...

Spaß auf See
Ab 1200 lassen Wind und Welle deutlich nach. Wir laufen unter Segeln (2. Reff im Groß, mehr als 3. Reff im Genua) 5,3 kn SoG. Um diese Zeit stehen wir 40 Seemeilen vor Crotone, etwa 3,5 nm südlich unserer Standlinie. Wassertiefe: 1 Handbreit plus mehr als 2000 m.

1420: Groß und Genua  im 1. Reff. Wir fahren 6,0 kn SoG. Es ist warm geworden. Der wahre Wind weht um die 12 kn und die See ist relativ ruhig georden. Andere Fahrzeuge nehmen wir nur in großer Entfernung wahr.

Gegen 1800 holen wir die Segel wieder runter. Der Wind ist auf magere 6 kn eingefallen. Wir müssen einstweilen wieder motoren.


30.04.'15 - Vathi (endlich in Griechenland)

Meine Nachtwache von 2300 bis 0300 war von vier dicken Pötten bestimmt, die unsere Fahrt gekreuzt haben. Zwei davon sind uns auf weniger als eine halbe Seemeilen nahe gekommen. Das veranlaßt noch nicht zu Ausweichweichmanövern. Allerdings erfordert das viel Aufmerksamkeit.

Schon vor Beginn der Nachtwache hatten wir zu zweit viel damit zu tun, ein Schiff zu beobachten, von dem wir nicht sagen konnten, ob es Frachter, Kreuzfahrer, eine Fähre oder was auch immer ist. Der Kahn ist mehrfach vor uns hin und her gekreuzt. Dabei hat er seine Geschwindigekeit mehrfach so verändert, daß er uns immer wieder näher kam als wir das wollten. Ausweichmanöver unsererseits wurden mit Manövern beantwortet, die den Kahn wieder näher an die Seahorse heranbrachten.

Dieses Schiff hatte die Größe eines mittleren Containerschiffes, trug aber keine Container, sondern hohe Aufbauten auf dem ganzen Pott. Hell erleuchtet und mit zwei Reihen 'Leuchtgirlanden' rund um das ganze Schiff versehen, sah es aus wie ein schwimender Weihnachtsbaum. Als dieser Kahn sich ab Mitternacht von uns entfernte und dann Fahrt aufnahm, war mir viel wohler.

Die Fahrt durch die Nacht war, wie der überwiegende Teil des vorangegangen Tages, durch das ständige 'Rollen' des Schiffes bestimmt. Jetzt sind die Wellen nur 0,75 bis 1,00 m hoch. Aber sie laufen unter der Seahorse hindurch und verursachen ein so starkes Rollen, daß wir nicht einmal mehr Kaffee kochen können. 

Der Morgen (mit [Griechen] Land in Sicht) ist bewölkt und warm, deutlich wärmer als der Abend zuvor. Um 0645 hissen wir die neue Gastlandflagge und den gelben Zollwimpel zum Einklarieren in Griechenland. Nennenswerten Wind haben wir nicht. 

Gegen 1300 (MESZ+1) machen wir in Vathi fest. Wir sind in Griechenland! Es ist noch keine Touristenzeit. Wir können am langen Kai längs anlegen. Das für uns noch unbekannte Anlegemanöver mit Buganker und Anlegen mit dem Heck bleibt uns heute noch erspart. 

Beim Anlegemanöver kommt eine hübsche junge Frau aus der 20 m entfernten Bar gelaufen und ruft mir zu, ich soll ihr die Anlegeleine zuwerfen. Sie hilft uns beim Anlegen, vergißt dabei nicht, uns auf ihr Karamelcafe aufmerksam zu machen, auf Kaffee, Bier, Wein, Essen und so ...

Wir gehen dann auch auf einen Kaffee ins Restaurant. Helmut fragt die junge Frau mit Blick auf Odysseus' Aufenthalt auf Ithaka, ob ihr Name Penelope sei. Die Schönheit grinst und erklärt, ihr Name ist Natalie. Natalie kommt aus Odessa. :-)

Ithaka
Einfahrt in die Bucht von Vathi
Vathi liegt in einer Bucht, die allseitig von Bergen umschlossen ist. Winde kommen nur als Fallwinde in die Bucht und nennenswerter Schwell kann nicht aufkommen. Wir liegen direkt an einer der Zugangsstraßen zu Vathi. Gerade nimmt eine Polizeistreife Messungen bezüglich der Vmax-Empfehlungen (Tempo 30) vor. Wann immer ein Fahrzeug zu schnell an der Meßstelle vorüber fährt, ertönt aus einem Lautspreche ein lautes Schnarren, noch lauter bei besonders schnellen Fahrzeugen. Der Lautsprecher schnarrt bei JEDEM Fahrzeug.

Ich frage Natalie, ob ich am Abend das angebotene WiFi nutzen dürfe. Klar, sagt sie, das kannst Du auch sofort haben - und drückt mir einen Zettel mit den Zugangsdaten der Kafecaramel Bar in die Hand. Nett!

Trotz gegenteiliger jüngerer Veröffentlichungen: In Vathi gibt es keine Zollstation mehr, die für das Einklarieren prinzipiell erforderlich wäre.

Der freundliche Mensch im Hafenamt bemüht sich aber aus eigenem Antrieb, die Polizei zu einem Treffen mit Helmut zu bestellen, damit Polizei und Hafenamt alle erforderlichen Stempel in die Schiffsdokumente drücken können. Dieser Service kostet lediglich die dafür vorgesehene geringe Gebühr für die Unterstützung durch die Hafenpolizei.

Dann heißt es auch für uns: 'You can take down the yellow flag. You are free to go.' Jetzt sind wir wirklich in Griechenland.

Wir essen noch etwas in der Kaffecaramel Bar und durchwandern einen Teil der kleinen Stadt auf der Suche nach Bäckereien und Restaurants für den Abend.

Herrlich: Mein erster Besuch in Griechenland und selbst in einer kleinen Stadt wie Vathi finde ich eine Gelatibude mit ganz hervorragender Eiskreme direkt am Hafen :-)

Am Westkai von Vathi





Hier in Vathis ist wenig wirklich alt, außer der Erinnerung an Homers Erzählungen. Nach einem Erdbeben in den 50ern wurde Vathi neu aufgebaut, dabei aber sehr ansehnlich gestaltet.

Wie Homers Zeitgenossen die Welt sahen
Aus- und Einblicke in Vathi




Außerhalb der Hauptzeit des Touristenstroms ist ganz Vathi recht entspannt. Das gilt auch für die vierbeinigen Bewohner.
Nicht totgefahren - tiefenentspannt

Montag, 27. April 2015

26.04.'15 - Crotone (noch immer Italien)

Wir haben während des laufenden Törns 'umdisponiert' und einen weiten Schlag nach Norden unternommen.

Von Riposto nach Crotone, 157 nm in 30 Std.

25.04.'15 - Ein Tag voller Überraschungen

Noch vor dem Frühstück trifft uns die erste Überraschung des Tages auf angenehme Weise bis ins Herz.

Riposto - zu Füßen des Ätna
Was gestern in der Gewitterstimmung und unter der dichten Wolkendecke nicht zu ahnen war, offenbart sich uns heute strahlend und gewaltig. Riposto, und damit heute auch unser Boot, liegt dem beeindruckenden Ätna zu Füßen! Wir stehen in der kühlen Morgenluft und staunen, freuen uns, daß uns dieser Anblick zumindest jetzt geschenkt wird. DAS hätten wir ganz sicher nicht vermissen wollen.

Nach dem Frühstück beginnen die letzten Vorbereitungen für den großen Törn nach Griechenland. Vor allem Überlegungen zu den unterschiedlichen Wetterprognosen von DWD und YachtingWeather machen uns ein wenig zu schaffen. YachtingWeather gibt uns relativ gute Prognosen, die in engen Räumen ortsbezogen sind. Die Vorhersagen des DWD sind sehr pauschal für z.Bsp. das Ionische Meer. 

Wir zeichnen uns auf einer Seekarte die Standlinie für die direkte Verbindung zwischen Riposto und Zakynthos(Süd). 

Standlinie mit Orten und Zeitbezug
YachtingWeather teilt den Tag in Quarte und gibt Prognosen für 0200, 0800, 1400 und 2000. Wir legen als Startzeit 1000 MESZ fest und planen dann den Start für heute und morgen, jeweils mit 30 Seemeilen pro Quart.

Zu den jeweiligen 'progonostizierten Koppelorten', bezogen auf die jeweilige Prognosezeit, suchen wir die Angaben für Windrichtung und -stärke, sowie die Wellenhöhe heraus.
Diese Arbeit muß jetzt einfach sein.
Dabei stellen wir fest, daß wir, wenn wir noch einen Tag mit einem Besuch des Ätna verbringen wollen (verlockende Aussicht) etwa 30 bis 50 nm vor Zakynthos auf Starkwind mit 45 kn und Böen mit 61 kn treffen können. Böen in voller Orkanstärke wollen wir gewiß nicht. Auch 45 kn mit der Sturmfock segeln möchten wir eigentlich nicht. 

Wenn wir stattdessen bereits heute starten, werden wir etwa 12 Stunden vor dem Einsetzen des Starkwindes Zakynthos erreichen. Für einen Start Übermorgen können wir keine Prognosen für den letzten Reisetag bekommen. Also steht fest: Wir starten heute nach Griechenland.

Alles klar - die Hausaufgaben sind gemacht
Um 1000 heißt es darum wieder: Motor an, Leinen los. Ich fahre die Seahorse aus dem engen Hafen, was dank der Bugstrahlruder kein großes Problem ist. Dann Kurs 91°. Wind auf der Nase (was denn sonst) 3 kn. FdW (Fahrt durchs Wasser) machen wir 6,4 kn. Wir laufen gegen eine lange Welle von 2,5 Fuß Höhe.

Ciao Sicilia
Das Wetter ist herrlich, anfangs frisch, später immer wärmer, durchgehend sonnig. Ich habe Muße, den Müll zu beobachten, dem wir auf unserer Route begegnen. Gewohnt sind wir dabei an Äste aller Größen, ganze Bäumchen 'mit dem Grünen nach unten', Kannister und Flaschen aller Art, Holzreste, Plastikmüll ...

2 Plastikfußälle in einem Netz sind uns schon begegnet, auch ein Lederfußball. Heute treibt ein weißer Luftballon in Herzform mit einem bunten Band und einem Zettelchen an uns vorbei. Das Meer birgt viele Überraschungen ...

Schon am Vormittag können wir bei langsam stärker werdendem Wind mit einer leichten Kursänderung das Genuasegel wieder zur Hilfe nehmen. Ab etwa 1330 segeln wir mit Groß und Genua, ohne Motor. Endlich wieder segeln!

Endlich wieder segeln
Kurs 68° bringt uns am Wind leicht von der direkten Route ab. Für ein paar Stunden hat das keine gravierenden Auswirkungen. Dann kreuzen wir Kurs 168°. 

Kurz nach 1600 holen wir die Segel runter und motoren mit Kurs 90° auf unser Ziel zu. Wir hatten ein paar Stunden Spaß, hoch am Wind zu segeln. Aber wir haben keinen nennenswerten Streckengewinn auf unser Ziel damit erreichen können. Im Prinzip haben wir rund 4 Stunden verschenkt. Jetzt fahren wir mit 16 kn Wind auf der Nase und einer Welle von einem Meter direkt auf dem Bug nach Osten, mit 5,5 kn FdW. SoG (Speed over Ground) schaffen wir knapp über 4 kn. 

Um 1945 müssen wir uns entscheiden, ob wir darauf vertrauen wollen, daß wir 'so gerade' vor dem Sturm Zakynthos erreichen werden, oder ob wir einen Ersatzhafen anlaufen wollen, um dort abzuwettern oder neu zu überlegen. Wir haben 4 Stunden aus einem sicheren Zeitfenster von 12 Stunden beim Segeln 'verpraßt'. Jetzt müssen wir entweder den Motor 'hochfahren' und deutlich mehr Diesel verbrauchen als geplant, oder weitere Zeitverluste inkauf nehmen, weil wir langsamer sind als wir es sein müßten.

Die nächste Marina die von der Seahorse angelaufen werden könnte (unversandet, ausreichend Tiefe) liegt etwa 40 nm nordöstlich unter der Stiefelsohle Italiens; Roccella Ionica. Dort würden wir in 8 Stunden, also gegen 0400 ankommen. Im Dunkeln, ohne Anmeldung, ohne Hilfe in einem unbekannten Hafen - das wollen wir nicht. Die übernächste Marina liegt rund 60 nm weiter nordöstlich; Crotone. Das ist jetzt unser neues Etappenziel.

Kurs 38° auf das Capo Rizzuto. Außer dem neuen Ziel ändert sich nichts. Die Nachtfahrt war ohnehin geplant. Meine Freiwache ist von 2300 bis 0300. Dann übernehme ich die Wache auf einer zumindest heute eher einfacheren Route. Erschreckend sind zwei unbeleuchtete Ankerlieger (große Frachter), die mir erst in der Dämmerung offenbar werden. Beide liegen 2 bis 3 nm an Backbord querab. Aber allein der Gedanke, eines dieser  Fahrzeuge in einer dunklen und diesigen Nacht plötzlich vor mir auftauchen zu sehen, stellt meine Nackenhaare wie Stacheln auf. 


26.04.'15 - Crotone; eine angenehme Überraschung

Um 0545 ist die Dämmerung in vollem Gang. Die Sonne geht heute um 0604 auf. Am frühen Morgen sehen wir wieder eine dieser Schildkröten, von denen ich bisher kein Photo machen konnte, weil sie zu schnell vorbei treiben. Dieses Tier war auf dem Rückenpanzer von Muscheln bewachsen. Das ist für uns ebenfalls neu.

Der Tag wird warm und ruhig. Der wenige Schiffsverkehr auf unserer Route ist nicht von Querverkehr bestimmt, sondern von Fahrzeugen, die uns folgen oder überholen, oder uns entgegen kommen. Das läßt sich gut beobachten und handhaben.

Gasförderplattform
In der Bucht vor Crotone fallen uns zuerst merkwürdige 'Fahrzeuge' auf, die wir von der Form zunächst gar nicht erklären können - und die zum Glück sehr statisch in der Bucht stehen. Vor Crotone wird Erdgas von drei großen Plattformen gefördert. Die Plattform auf dem Photo habe ich aus etwa 8 Meilen Entfernung zunächst für eine überdimensionierte Kogge oder Dschunke gehalten ;-)

Um 1530 machen wir die Seahorse in Crotone fest, im Porto Vecchio. Sehr angenehm sind schon beim Anlegemanöver die ausgesprochen freundlichen und hilfsbereiten Marineros, die uns begrüßen und willkommen heißen. Unsere Frage nach der Rezeption wird mit dem Hinweis beantwortet, daß diese 24 Std. am Tag geöffnet hat und wir erst einmal etwas trinken sollten, etwas essen und dann vielleicht in das Büro zur Anmeldung kommen könnten.

Wir bezahlen 25,- € / Nacht für einen Liegeplatz in einer sauberen und gepflegten Marina in einem aufgeräumten Sport- und Fischereihafen. Daß die Dusche 2,- € extra kostet, ist bei dieser Liegegebühr durchaus nicht verwerflich. Das WiFi ist nicht kostenlos; dafür funktioniert es.

Porto Vecchio in Crotone
Nach der Dusche steht die Suche nach Gelati und Pizza auf der Tagesordnung. Wir laufen in die Stadt - und sind vom Fleck weg begeistert. Selbstverständlich sehen wir auch hier sanierungsbedürftige Häuser und Straßenecken, in denen das Kraut durch die Gehwegplatten schießt. Aber der Gesamteindurck ist völlig entgegengesetzt zu Riposto und vor allem Messina. Crotone ist aufgeräumt, voller Menschen in den Straßen. Die feiern gerade den Vortag, den 25. April 1945, als den Tag, an dem für Italien der zweite Weltkrieg zuende war. Jung und alt feiern miteinander, bunt gemischt. Viele kleine Kinder sehen wir, die auf ihre Art sicher ebenso von Zukunftsperspektiven der vielen jungen Menschen Zeugnis geben, wie die vielen neuen Autos (viele deutsche Autos) in den Straßen.

Crotone ist eine alte Kaiserpfalz, als solche genutzt und ausgebaut von Karl V. Die Spuren dieser Epoche sind auf dem Festungsberg lebendig in die aktuelle Stadtgestaltung integriert. Man muß gesehen haben, wie Häuslebauer verschiedener Zeitalter ihre Häuschen hier auf und in Festungswände bauen.

Innenhof der Festung
Der Kommandantenturm
Festungsmauern

Auf unserem Weg hören wir aus einem Fenster Klaviermusik. Jemand spielt einige Etuden, vielleicht wahllos, vielleicht nach einem Plan, leicht, gekonnt, schön ... Wir bleiben ein paar Minuten stehen und hören zu.

Auf einem kleinen Platz spielt ein Kasperletheater mit recht großen Puppen ein Stück in einer Kathedrale. Der Kasper hat seine Probleme mit Obrigkeiten, ersticht den Kardinal und dessen Ritter mit dem Schwert und findet den Beifall der jüngsten Zuschauer. Weil die Gegner nicht sofort umfallen, bekommen sie vom Kasper so oft eins mit dem Stuhl übergezogen, bis die Kinder jauchzen. Die älteren Menschen schauen ruhig zu, interessiert, mancher vielleicht nicht ganz einverstanden.

Wir suchen die kleinen Gassen, die schmalen Wege von denen Crotone viele hat. 

Crotone zum verlieben
Helmut macht den 'Scout' beim Entdecken immer neuer kleiner Gassen
Die vermutlich 'erste' Eisdiele Crotones entdecken wir natürlich auch. Zumindest entnehmen wir das der Menschenschlange, die auf Eis wartet. Tatsächlich schmeckt es ganz hervorragend. Und auch eine kleine aber ganz hervorragende Pizzeria in einem Hinterhof bleibt uns nicht verboren.

Die Preisliste ist wirklich echt!
Was hier für einen Euro verkauft wird, ist das Achtel eines Rades von 80 cm Durchmesser! Davon kann man schon satt werden. Wir nehmen jeder ein Achtel einer Salame und teilen uns später eine 'Normali' mit Gambas und Thunfisch - und zahlen für alles 8,10 €. Halleluja!


27.04.'15 - Ergänzung und Planung

Wir haben uns entschlossen, von Crotone nach Vathi auf Ithaka zu fahren. Ich liebe Kaflavis' Gedicht über die Reise nach Ithaka und freue mich auf dieses Zwischenziel. Den Start der Etappe haben wir mit viel Aufwand bestimmt.

Auf der Standlinie zwischen Crotone und Ithaka (Nord)  haben wir wieder in 30 nm Schritten Zeitreihen für die Gesamtstrecke aufgestellt und mit Windrichtung, -stärke und Wellenhöhe versehen.

Wetterdaten
Damit ist klar vorgegeben, daß wir erst am Mittwoch um 0200 unsere Fahrt fotsetzen. 

Wir tätigen noch ein paar Einkäufe, füllen den Dieseltank und die Kannister auf und prüfen Motor und Getriebe bezüglich der Ölstände. Selbstverständlich kontrollieren wir auch den festen Sitz der Antriebswelle auf dem Getriebe ;-)

Zeitreihen der besonderen Art
Das Plakat über den Zeitbedarf der See beim Abbau verschiedenen Mülls prangt riesengroß auf der Kaimauer. Eigentlich weiß das jeder, daß man nichts über Bord schmeißen darf; außer vielleicht Dreckschleudern, die unsere Meere versauen.

Am späten Nachmittag blasen hier 20 kn, in Böen bis 25 kn über die Kaimauer. Wir sind schon ziemlich sicher, uns richtig entschieden zu haben. Ein paar Photos noch vom Hafen, Wäsche aufhängen und dann gehen wir irgendwo in der Stadt zum Abendessen ...

Porto Vecchio di Crotone





Freitag, 24. April 2015

24.04.'15 - Riposto

Wegen Unsicherheiten in der Wettervorhersage, sind wir heute noch nicht nach Griechenland gefahren, sondern 35 nm weiter südlich nach Riposto.


Meine WetterApp (YachtingWeather) sagt uns für den geplanten Törn nach Osten für die nächsten drei Tage teilweise guten Segelwind um die 14 Knoten voraus, teilweise Windstille und Wellen von 0,3 bis 0,7 m.

Helmut hat Daten vom DWD herunter geladen, die für das Ionische Meer Wellen bis 2 m und Starkwind für die kommenden Tage voraussagen.

Aus Messina und der 'Marina' dell Netturno wollen wir auf jeden Fall heraus. Also beschließen wir, heute bis Riposto zu fahren, dort zu übernachten, aktuelle Wetterdaten beim Hafenmeister zu besorgen und dann (voraussichtlich) den weiten Sprung nach Griechenland zu unternehmen.

Das war alles bereits gestern. 

Der heutige Tag hat erst einmal schäbig begonnen, weil der Wind deutlich aufgefrischt hat. Um 0600 werde ich ungewollt wach. Der starke Schwell wirft die Boote in der Marina von einer Seite auf die andere. Ruhig liegen geht anders.
Der Strom wird uns automatisch abgeschaltet. Gegen 0800 haben wir keine 230 V mehr zur Verfügung. Die Sanitärräume, die ich zum Duschen aufsuche, sind auch kein Erfolgskonzept für eine Existenzsicherung. 

Der Himmel ist dunkelgrau. Ein Tag ohne Sonne? Um 0850 werfen wir den Motor an, schmeißen die Leinen los und sehen zu, daß wir Messina den Rücken kehren; Ziel: Riposto (südlich von Taormina).

Auf der Strasse v. M. kommt die Sonne wieder für ein paar Minuten heraus, aber uns blasen 25 bis 32 kn auf die Nase. Die See wird sofort ruppig. Weil zwei Deckfenster auf 'Lüftung' gestellt sind, setzt der erste über den Bug kommende Schwall den halben Salon unter Wasser. Der Tag hat eben schon schäbig begonnen ...
Ruppiges Wetter
Je weiter wir aus der Enge der Straße herauskommen, um so mehr läßt der Düseneffekt nach. Der Wind geht auf 20 kn zurück, auf 17, auf 13. Die See wird wieder ruhiger, mit kleinen Windseen auf einer langen, alten Welle.

Um 1200 sind wir noch etwa 20 sm von Riposto entfernt. Wir motoren mit 7 Knoten durch das Wasser, erreichen aber nur 5,5 kn SoG.

Die Städchen und Dörfer der Küste (ist beinahe vollständig zugebaut) werden zunehmend ansehnlicher. Besonders einige der romantischen Bergdörfer wirken trotz der Gewitterstimmung und des Dunstes sehr einladend auf uns.
Bergdorf
Toarmina
Capo Taormina
Ich versuche wieder einen Thunfisch zu fangen, wieder vergeblich. Die Delphine holen mich ein wenig aus dem leisen Angelfrust, kommen heute allerdings erst um 1320 zu Besuch. Zunächst spielen 4 Tiere am Bug unseres Schiffs. Kurz darauf kommen hintereinander zwei weitere Gruppen von 5 und 8 Tieren.

Flipper und seine Kumpel

Um 1400 gewittert es um uns herum. Der Donner rollt laut über die See und von den Bergen Siziliens zurück. Die Regenfront 'verfolgt' uns, läßt aber nur wenige Tropfen auf uns herab fallen. Das Gewitter zieht auf das Meer hinaus.
Gewitterstimmung
In Riposto (Marina dell Etna) machen wir gleich nach dem Tanken um 1550 fest. Wir erledigen noch einige Einkäufe, füllen unsere Wassertanks auf, essen jeder eine groooße Portion Gelati und kochen dann unser Abendessen; Nudeln in einer Bolognese.
Tote Marina
Die Marina ist mit 55,- € / Nacht ebenfalls keine der günstigeren auf unserer Reise, wartet aber mit einigen ganz herausragenden Pluspunkten auf. Zum Beispiel sind die Sanitärräume ganz hervorragend ausgestattet und gepflegt (!). In der Marina ist es ruhig; auf dem Wasser und akustisch.

'dell Etna' war in der Vergangenheit etwa doppelt so groß wie sie heute ist, hat aber eine große installierte Fläche wegen Versandung und daraus folgender Untiefe aufgeben müssen.

Riposto selbst wirkt auf den ersten Blick so desolat und verfallen wie Messina. Aber der erste Blick offenbart auch, daß hier alles wesentlich aufgeräumter, sauberer und unaufgeregter ist als in Messina.

Sant Pietro
Sant Pietro - sehenswerte Steinmetzarbeiten im Inneren der Basilika
Sehenswerte Auslage auf dem Obst- u. Gemüsemarkt
Von hier aus werden wir Morgen (voraussichtlich) den Sprung nach Griechenland unternehmen. 60 Stunden werden wir mindestens brauchen, deutlich mehr, wenn wir weite Schläge kreuzen müssen. Wir werden sehen - und ihr werdet lesen ;-)

23.04.'15 - Messina

Wir lernen, daß die Zeit der Kreuzritter lange vergangen ist, nicht aber die Zeit der Raubritter.

In der Straße von Messina - 41 sm - eine spielerische Etappe
0500. Ein bewölkter Morgen. Der Wecker holt uns aus dem Schlaf. Nur ein Schluck Wasser zum Frühstück, warm ankleiden, raus an Deck. Um 0515 heißt es: Motor an, Anker auf, Ziel Messina. Helmut steuert uns aus der Bucht, zwischen Vulcano und Lipari hindurch und dann direkt auf die Einfahrt zur Straße von Messina.

Den wenigen Wind des Morgens haben wir wieder einmal direkt auf der Nase. Einen Versuch mit dem Genuasegel brechen wir nach 5 Minuten ab. Ohne Kursänderung, d.h. ohne zeitaufwendiges Kreuzen, ist mit dem Wind nichts zu machen. Wir 'motoren' Richtung Messina.

Messina, alte Hafenstadt, Seeräuberstadt, Kreuzfahrerstadt. Wir freuen uns auf Messina, auf Zeugnisse der Geschichte, auf eine sehenswerte Stadt.

Die See ist ruhig, teilweise spiegelglatt 'mit Grübchen'. Um 0614 geht die Sonne auf. Das italienische Festland (besser: die Westküste der italienischen Halbinsel) ist schon gut zu erkennen. Von Sizilien her leuchtet uns ein weißer Vulkan herüber, der Ätna. Die Vulkane der Liparen liegen noch im Dunst des frühen Morgens.

Der Vulcano schläft noch
Ätna - noch immer gefährlich, aber viele Seemeilen entfernt
Der vormittägliche Besuch der Delphine findet heute bereits gegen 0900 statt. 2 Tiere spielen mit der Seahorse das gewohnte und bereits beschriebene Spiel.

Ich widerstehe der Versuchung, den Biestern Namen zu geben
5 nm vor der Einfahrt in die Straße von Messina haben wir plötzlich Wind aus SO. 12 bis 14 kn veranlassen uns, das Genua heraus zu holen und die Maschine abzustellen. Wir segeln allein mit dem Genua 6 - 7 kn FdW. 10 Minuten später frischt der Wind auf, kommt jetzt mit 24 Knoten in das ungereffte Segel. Die Seahorse schießt durch das Wasser, krängt aber so stark, daß wir das Segel einholen und kurz vor der Einfahrt in die Straße von M. wieder motoren.

Ca. 5 nm vor der Straße von Messina
Gleich hinter dem Funkmast ...
Segler auf dem Weg zum Vulcano
Ein uns entgegen kommender Segler, ein schönes Boot mit Besan und Genua, nutzt den Wind auf einem Kurs zum Vulcano voll aus. Wir sind ein bißchen neidisch und würden gerne eine Wettfahrt initiieren...

Weitere Aufmerksamkeit gewinnt uns ein 'Gespann' der besonderen Art ab, das wir anfangs gar nicht erkennen können. Es kommt zunächst direkt auf uns zu, etwas Rotes mit einem schwarzen Vorbau. Das muß ein merkwürdiges Schiff sein. Später, als wir es seitlich sehen können, erkennen wir den Schlepper, der einen sehr großen Ponton Richtung Westen zieht.

Der Schlepper müht sich
Dann sind wir in der Straße von M. Und kurz darauf, gegen 1400, machen wir in Messina fest, in  der Marina del Netturno.
In der Straße von Messina (Nord)

Hier lernen wir, daß die Kreuzritter, die von Messina aus nach Jerusalem segelten, zwar längst Geschichte sind, aber Raubritter in Messina sitzen lassen haben. Wir zahlen jetzt, in der Nebensaison, 70,- € / Nacht in del Netturno - für eine Marina mit viel Schwell (reger Fährverkehr des angrenzenden Hafens). Das WLAN ist im Preis inbegriffen, aber bereits auf unserem Liegeplatz (halbe Entfernung zwischen Hafenmeister und Hafenende) in der Leistung ausgesprochen dürftig. Die Sanitärräume sind auch nicht geeignet, den Gesamteindruck zu verbessern. Die Tankstelle im Hafen verlangt rund 2,- € für den Liter Diesel. Wenn wir nicht vorhätten, von hier aus nach Griechenland über zu setzen, wären wir weitergefahren!

Blick auf die alte (sic) Hafeneinfahrt
Maria, die Himmelskönigin und Mutter Jesu krönt die Hafeneinfahrt





Auf dem Weg nach Messina kamen Helmut und ich aus dem Staunen nicht mehr heraus, als wir die große Zahl der Fischer sahen, die in kleinen Booten, teilweise in Ruderbooten, mitten in den Fahrspuren des VTG fischten. Für die nicht Seerechtkundigen: VTG = Verkehrstrennungsgebiete; Einbahnstraßen auf Schiffahrtswegen mit besonderen Regeln bezüglich Nutzung, Ein- und Ausfart.

Die Wanderung duch Messina ist ernüchternd. In dieser Stadt spricht uns beide wenig an. Selbstverständlich gibt es interessante Ecken, Sehenswürdigkeiten und schöne Arrangements alter Gebäude. Aber der weitaus überwiegende Eindruck ist Schmutz, Schutt, Verkehr und Lärm.

Blick auf den Hafen auf einem alten Weg
Kathedrale,die Richard Löwenherz vor der Jerusalemfahrt besucht hat
Glockenturm der Kathedrale mit dem englischen Löwen
Ein wirklich alter Weg in der Statd
Marienheiligtum von Mosanto
Auf der Suche nach einer Eisdiele verzweifeln wir fast. Die erste Gelatibude, die wir finden, verlangt 1,5 € für eine Kugel Eiskrem. Das machen wir nicht mit. Auf der Suche nach weiteren Angeboten laufen wir kreuz und quer durch Messina. Natürlich werden wir fündig. Aber das Fehlen von Eisdielen und leere Bierflaschen von Heinecken auf den Straßen lassen uns denken, wir hätten uns nach Venlo verfahren ;-)

Den Abend verbringen wir im Restaurant der Marina. Das kann nicht nur preislich mit Spitzenrestaurants mithalten. Die ausgezeichnete Küche und der Wein machen uns viel Freude.

Gepflegtes Abendessen
Ein wenig versöhnt uns das mit den Raubrittern Messinas. Trotzdem steht für Helmut und mich fest, daß wir Messina kein zweites Mal anlaufen werden, wenn sich das irgendwie vermeiden läßt. Es gibt schönere Städte, schönere Marinas und andere gute Restaurants in Fülle.

Jetzt brechen wir nach Riposto auf, 35 nm südlich, von wo aus wir nach Griechenland rüber wollen.