Dienstag, 26. Mai 2015

26.05. '15 - Nachträge


Bosporus und Schwarzes Meer

Den Bosporus insgesamt hätte ich sehr gerne durchfahren und eine Nacht in Sile (Osten) oder Karaburun (Westen) an der Südküste des Schwarzen Meeres verbracht. Das wäre der nächste Punkt auf der Prioritätenliste gewesen, für den die Zeit dann nicht mehr gereciht hat. Ich wünsche Helmut und seiner Familie, daß er diese Etappe in die nächste Fahrt der Seahorse einbauen kann. Ich bin sehr sicher, daß alle Teilnehmer dies als einmaliges Erlebnis mitnehmen werden.



Das Meeresleuchten

Helmut hat einen ausgewiesenen Fachmann nach der Ursache für dieses Phänomen befragt, seinen Schwager Dr. Michael Stiller, einen Mitarbeiter des Überseemuseums in Bremen. Jetzt WISSEN wir, daß es Algen sind. Die Dynoflagellaten stellen den Hauptteil des Phytoplanktons und kommen weltweit in vielen Unterarten vor. Zum Beispiel 'Noctiluca Scintillans' läßt sich in allen Weltmeeren finden.



NAVTEX Radioempfang

Ich habe vor und zu Beginn der Fahrt jeweils einen Versuch gestartet, mit dem neu beschafften Radio NAVTEX Daten zu empfangen und auf dem Laptop zu visualisieren. Die mitgelieferte Wurfantenne hat ebensowenig Ergebnisse geliefert wie die selbstgebaute 21 m lange Antenne, die ich am Achterstag beinahe bis in die Mastspitze gezogen habe. Nach diesen Versuchen war keine Zeit für weitere Experimente. Die Arbeit auf dem Boot ist für zwei Mann gerade so zu bewältigen. Viel Spielraum für frustierende Experimente bleibt nicht, wenn man darauf achtet, daß benötigte Erholzeiten auch als solche genutzt werden. 

Letztlich gibt es technisch spezialisiertere Lösungen zum weltweiten NAVTEX Empfang und Visualisierung, die auch unter Wahrung strenger Budgetpläne beschaffbar sind. Diese braucht man spätestens dann, wenn das Fahrgebiet auf die großen Ozeane ausgeweitet wird.

Besonders hilfreich sind die via Internet weltweit abrufbaren Seewetterdaten des DWD. Wir haben innerhalb der EU gute Erfahrungen mit entsprechenden Datenpässen unserer Telephonanbieter gemacht, die uns den Zugriff auf die Webseiten des DWD ermöglicht haben, sobald wir bis auf etwa 10 nm dem nächsten Land nahe waren. In der Türkei haben uns entsprechende Prepaid SIM Karten des Anbieters Turkcell zu erstaunlich günstigen Preisen das WWW prinzipiell 'überall' verfügbar gemacht. 



Brigittes Gedanken

beschäftigen mich seit Carloforte. Brigitte (siehe: lasalamandre83.blogspot.de) hat uns erklärt, daß sie das Meer dem Menschen gegenbüber prinzipiell und sehr bewußt als lebensfeindlich ansieht. Auf dem Meer ist das einzige Überlebenspotential die kleine Nußschale auf der man arbeitet, schläft, ißt und trinkt ... Man ist gut beraten, stets bestens vorbereitet zu sein auf alle denkbaren Widrigkeiten, die Wind und Wetter und nicht vorhersehbare Umstände an dieses Überlebenspotential herantragen können. Man weiß nie was 'gleich' kommt. Darum muß man das Boot und seine (Sicherheits) Einrichtungen pflegen und nutzen und die Menschen, mit denen man das Boot gerade teilt, mit dem gleichem Respekt behandelt, den man auch seinem Bot entgegenbringen muß. 

Ich denke, umfassender kann man nicht ausdrücken, was wir 'gute Seemannschaft' nennen. Merci Brigitte, et bon route pour vous et Armand, toujours!


Ithaka

Ich habe das Gedicht von Kaflavis erwähnt. Ithaka. Das gibt mir seit vielen Jahren die Motivation für viele Dinge und beschreibt im Kern meine ganz persönlcihe Triebfeder bei all meinen Reisen mit dem Auto, mit dem Motorrad und nun auch mit dem Boot.

Aus lizenzrechtlichen Gründen verweise ich auf eine Stelle im Internet, an der das Gedicht in Gänze zur Verfügung steht:

http://www.lyrikwelt.de/gedichte/kavafisg1.htm



20.05.'15 - gefährdeter Rücksturz in die Heimat

Am 18.05. haben wir diverse Arbeiten erledigt. Die Seahorse wurde so vertäut, daß Helmut sie einige Wochen sorglos in der Marina liegen lassen kann. Ich habe den ausgeliehen und unbrauchbaren C70 'Plotter' ausgebaut und das dabei entstandene Loch in der Steuerkonsole abgedichtet. Helmut hat den defekten Traveller ausgebaut, den Jürgen S. uns hoffentlich reparieren kann. Ich schätze, das größere Problem dabei wird die Wiederbeschaffung der druckfesten Kunststoffkugeln der Lauffläche sein, die beim Ausbau verloren gingen.

wartet gut vertäut auf den nächsten Einsatz
In 5 Wochen geht's hier wieder raus
Blackrose
Der Besitzer der Blackrose und ihrer Schwesternboote hat uns angeboten, während unserer Abwesenheit 'ein Auge' auf die Seahorse zu haben. Wir denken, daß das Boot gut umsorgt sein wird.


Der 19.05. war der Grundreinigung des Bootes vorbehalten. Am Dienstagmorgen saß Helmut 'wie ein Schluck Wasser in der Kurve' im Salon. Die ganze Nacht über hatte ihn ein schwerer Durchfall gequält. Sch... im unangenehmsten Sinn des Wortes. Das gefährdet unsere Heimreise!

Meine Reiseapotheke enthält keine adäquaten Mittel. Birgit stimmt zu, ihm zunächst Ibuprophen anzubieten, damit die Schmerzen im Bauch gelindert werden. Viel mehr können die jetzt nicht bewirken. Dann konferiert Birgit mit Ingrid S. und sucht diverse international bekannte und verfügbare Medikamente gegen Durchfall zusammen. Ich klappere die drei zufuß erreichbaren Apotheken Gülzeces ab. Alle haben heute geschlossen. Es ist Atatürk-Tag! Die als Notapotheke in den Schaufenstern gemeldete Apotheke ist in Büyükcemece, etwa 15 km Hin- und Rückfahrt.
Ich päppel Helmut mit Zwieback und Tee und viel Mineralwasser. Den größeren Teil des Tages verschläft der Skipper ohnehin, weil der 'ishal' nachläßt.

Die Reinigungsarbeiten an Deck und im Boot mache ich jetzt allein; mit Ausnahme der Eignerkabine und -toilette. Das ist in der Summe eine ziemliche Knochenarbeit. Ich bin am Abend froh, alles geschafft zu haben was ich mir vorgenommen hatte.


20.05.'15 - Rücksturz an den Niederrhein

Am Morgen frühstückt Helmut bereits wieder, vorsichtig, Tee statt Kaffee. Der Durchfall scheint erledigt. Helmut fühlt sich insgesamt wesentlich besser als am Vortag. Das Packen seiner Kleidung, Ersatzteile und sonstiger Utensilien bekommt er bereits locker selbst auf die Reihe. Ich bin erleichtert. 

Der Skipper packt
Das 'Taksi', bestellt über die Marina, ein bulgarischer Fahrer mit seinem Privatwagen, kommt pünktlich vor die Seahorse gerollt, hilft uns unsere diversen Koffer zu verstauen und bringt uns zum Flughafen Istanbul SAW (asiatische Seite).

Wir fahren nicht über die 'Europabrücke' (Bosporusbrücke), sondern über die nördlicher liegende Fatih-Sultan-Mehmet-Brücke. Zuvor und danach führt der Weg quer durch diese riesige Stadt, über ihre Hügel und durch ihre Täler. Ich bin einmal mehr fasziniert von diesem Moloch voller Leben. 
 
Blick nach Süden
Gleich sind wir wieder in Asien
Wir zahlen für die Fahrt, die reichlich 3 Stunden gedauert hat, 180 TL. Der Mann muß dafür den ganzen Weg noch einmal zurückfahren. Günstiger geht diese Fahrt sicher nicht. Helmut läßt sich gleich die Telephonnummer geben, und verabredet die anstehenden Fahrten in fünf Wochen. 


Gebucht hat Helmut auch den Rückflug bei Air Berlin. Die Gesellschaft läßt den Flug aber von ihrer Partnerin Pegasus Airlines durchführen. Das trifft uns hart. Pegasus Airlines erlaubt nur 10 kg Gepäck pro Reisenden. Bei der Menge unseres Gepäcks (Ich habe allein mehr als das doppelte bei mir) fallen jetzt 240 TL Zusatzgebühren für Gepäck an. Eine Sauerei, finde ich. Ich empfehle Helmut, sich zumindest deutlich bei Air Berlin zu beschweren.

Unser Flugzeug ist pünktlich in der Luft und eine halbe Stunde schneller als angekündigt. Der Pilot der 737 - 800 'gibt alles'. Der Start fühlt sich noch 'normal' an. Die Kurven fliegt er schon 'dynamischer' und die Landung ist 'deftig'.


Birgit und Ralf warten bereits auf uns. Wir bringen zunächst Helmut nachhause. Ich erreiche 'meine' Wohnung auf den Punkt genau zur rechten Zeit. Mittlerweile hat sich auch in meinen Eingeweiden ein deutliches Rumpeln bemerkbar gemacht und mein erster Gang führt mich auf die Toilette. Durchfall! 

Das scheint mit einer 'Sitzung' abgetan zu sein und ich genieße das herrliche Gulasch, das Birgit mir gekocht hat und den lange vermißten Abend mit meiner Frau. In der Nacht zwingt der Durchfall mich dann doch noch einige Male ins Bad und am nächsten Morgen übergebe ich mich gleich vor meinem Bett, weil ich fiebrig bin und 'kaputt'.

Birgit ruft den Notarzt und eine halbe Stunde später bin ich im Krankenhaus meiner Wahl (Moers; St. Josephstift), wo ich die nächsten drei Tage und Nächte am Tropf verbringe. Am Pfingstsonntag darf ich nach intensiver Pflege wieder nachhause. Die bisherigen Untersuchungen haben das NORO Virus ausschließen können, ebenso andere virale Infekte. Ohne es spezifisch benennen zu können, gehen meine ÄrztInnen davon aus, daß mich eine bakterielle Infektion umgeworfen hat. Amöben (über das Wasser in den Tanks) lassen sich wegen der sorgfältigen Zugaben von Silberionen ausschließen. Aber das eherne Gesetz: Koch es, schäl es oder laß es haben wir nicht immer beachtet. Vor allem meine Vorliebe für frisches Obst kann igendeinem Bakterium den Weg in meine Därme geöffnet haben.   

Helmut wird bei der Wiederinbetriebnahme der Seahorse alle relavanten Stellen im Boot noch einmal gezielt desinfizieren. Türgriffe, Küchenbereich, Sanitärräume, Tisch des Salons, Geschirr und Besteck ... Und Präparate zur Bekämpfung diverser Ausfälle aufgrund von Durchfällen wird die Seahorse demnächst in der Bordapotheke mitführen.

Montag, 18. Mai 2015

16. u. 17.05.'15 - Istanbul, unverzichtbares Erlebnis

Güzelce - Eminönü/Taksim; ca. 45 km Straße
Den ersten Tag in Güzelce haben wir 'verloren'. Meine leichte Erkältung wächst sich gerade zu einer sehr massiven Erkältung aus. Am 15.05. falle ich den ganzen Vormittag aus und erhole mich erst ab Mittag allmählich in der heißen Sonne, die ich ausgiebig zu eben diesem Zwecke nutze. Ich lasse mir die Hitze auf Brust und Hals brennen, so viel ich nur aushalte. Ab Mittag setzt ganz allmählich eine erste Besserung ein. Der schwere Husten wird mich noch tagelang begleiten.

Wir faulenzen beide, gönnen uns diese intensiv 'erfahrene' Pause. Für den kommenden Tag steht dann aber Istanbul auf dem Programm.


16.05.'15 - Istanbul, ein lebender Traum

Wir fahren mit dem Otobüsi in zwei Etappen nach Eminönü, am Goldenen Horn, direkt am Fuße des Hügels auf dem die touristischen Höhenpunkte der Stadt liegen. Den Hinweg schaffen die beiden Fahrer in knapp 2 Stunden. Für den Rückweg brauchen wir 2 Stunden 45 Minuten. Die Autobahn ist dicht. Busfahren in der Türkei muß man mögen (lernen), oder meiden. Zu- und Ausgestiegen wird oft auf freier Strecke. Die Fahrer bringen Manöver auf die Straße, bei denen ich mehr als einmal denke, daß die Fahrt in 3 Sekunden endet.

Wachstum pur

Istanbul ist nicht die Stadt aus 1001 Nacht sondern die stetig sich erneuernde Idee einer vieltausendjährigen Geschichte, die heute ebenso präsent ist wie sie andauert. Istanbul erfindet sich ständig neu, wächst und wächst, ist mit dem Herzen in der Geschichte, mit dem Bauch im hier und jetzt und hat im Kopf das Morgen und Übermorgen bereits parat. Istanbul vibriert lebendig.


2012 hat mir ein lieber Kollege eine ganz ausgezeichnete Führung durch Istanbul angedeihen lassen. Davon zehre ich heute, denn mir ist so Vieles präsent geblieben, das ich mühelos vom Goldenen Horn hinauf den Weg durch die Basare finde. Selbst die kleine Teestube im ägyptischen Basar finde ich wieder. Danke Yilmaz!

Ich bin sicher, unsere Frauen wären jetzt ebenfalls gerne hier ...
Oben auf dem weiten Plateau kaufe ich uns zunächst einmal Wasser. Der Wasserverkäufer spricht mich auf deutsch an, versichert mir das 'Deutschland gut' ist und lacht beim Abschied. 

Den deutschen Brunnen (Kaiser Willhelm Brunnen) können wir gar nicht übersehen. Natürlich schauen wir uns den an. Willi war bekanntermaßen ein Freund des Orients und beim Pascha zu Gast. Bedankt hat er sich mit einem Bauwerk.
Kaiser Willem Brunnen
Es liegt ja alles dicht bei einander. Wir beschließen, 'oben' anzufangen, und zuerst die Blaue Mosche zu besuchen, die eigentlich 'Sultan Ahmed Moschee' heißt. 

Große Moschee mit großem Vorhof
Betende und Besucher drängen sich vor dem Eingang
Im Vorhof der Moschee
Wir nehmen den Eingang für Besucher, ziehen die Schuhe aus, wie alle anderen Besucher und Betende auch (was man gut mit der Nase wahrnimmt) und betreten auf Socken das eindrucksvolle Gebetshaus.

Die Namensgeber; wundervolle blaue Mosaike
Riesige Spannweiten des freitragenden Gewölbes
Säulen; viele Meter im Durchmesser
Menschen, Menschen, Menschen
Kraft ist für mich der zentrale Begriff dieses Gebäudes. Die gestalterische Kraft des Baumeisters, der dieses Gebäude geplant, 'gerechnet' und dann geschaffen hat, die gestalterische Kraft der Menschen, die dem Bauwerk sein äußeres und inneres Aussehen gegeben haben, die Kraft der Faszination, die Tag für Tag und Jahr für Jahr Menschenmassen hierher, an diesen Ort zieht.


Wir bleiben nicht allzu lange in diesem seltsamen Duftgemisch aus Füssen, Parfüms, Deos. Dann zieht es uns zur Hagia Sophia. Wir wollen die 'heilige Weisheit' sehen, die ehemalige Kirche (größte der Welt) und Universität, die ehemalige Moschee und das heute noch als Bauwunder anerkannte Bauwerk, das der blauen Moschee nicht nur Pate stand, sondern Grund für deren Bau war. 

An der Kasse beschließen wir, getrennt zu bezahlen, damit wir unsere 100 TL Scheine gewechselt bekommen. Eis kann man damit nämlich nicht gut kaufen. Der Eisverkäufer verdreifacht beim Anblick dieses Geldscheins den Preis temporär. Allah wird sich dieses Hundes annehmen!

Ich werde von einer bildhübschen jungen Dame gefragt, für wie viele Besucher ich bezahlen möchte. For One, sage ich und zeige ihr den rechten Daumen, just for one. Die Kleine zuckt kurz zusammen und sagt mir dann; I'm sorry for that, und zeigt auf den Rest des Daumens, den die Kreissäge vor 40 Jahren stehen gelassen hat. You are free. Ich bekomme meinen Geldschein zurück und die Eintrittskarte gratis.

Kirche und Universität - heute Museum
Irgendwo wird immer gearbeitet und restauriert
Helmut stellt sich gegen den Verfall

Surentafeln
Das Museum zeigt auch die Ursprünge der säkularisierten Kirche / Moschee
Hier halten wir uns fast zwei Stunden auf. Ein offener Geist kann sich leicht in den unglaublich vielen Details verlieren, die dieses Gebäude ihm vorlegt. Auch hier ist meine Bewunderung für den Baumeister und die Gestalter über die Jahrhunderte hinweg riesengroß. Der Wucht mit der die 'Haya' in der Geschichte und auf ihrem Platz steht, kann kein Besucher entgehen. Trotzdem ist 'Kraft' hier nicht das zentrale Element. Ausdauer, Stetigkeit, Duldsamkeit und die Fähigkeit, selbst den ärgesten Beanspruchungen (massive Erdbeben) standhalten zu können, ziehen mich hier in ihren Bann.


Nach der 'Haya' haben wir Hunger und Durst und suchen nach einem geeigneten Lokal. Ein Restaurant mit einer Dachterasse fällt uns auf. Wie man da wohl hin kommt? Die Speisekarte und die Preisliste sollte man vor dem Betreten lesen, denken wir. Da spricht uns ein groß gewachsener Mann an, der uns erklärt, dies sei sein Restaurant. Er möchte uns den Weg zeigen. Auf den paar Schritten dorthin erzählt er uns etwas über die nähere Umgebung, über sein Teppichgeschäft im Erdgeschoß des Restaurants und wie willkommen wir sind. Er lädt uns nach dem Essen auf einen Tee ein, oder einen Kaffee, damit er uns etwas über seine Teppiche erzählen kann. 

Als wir das Restaurant 'Seven Hills' erreichen, haben wir weder die Speisekarte gesehen, noch die Preisliste. Aber die Aussicht überwältigt uns beinahe. Ein leichter Windhauch weht hier ebenfalls. Wir bestellen uns zwei Bier, die Speisekarte und wollen diesen Moment einfach nur genießen.

Die Hagia Sophia im Rücken
Seltener Blick auf die Blaue Moschee
Blick nach Asien (Fehnerbace)
Wir speisen ganz ausgezeichnet! Das preisliche Niveau bleibt weit unter unseren Erwartungen auf dem Niveau eines guten, deutschen Mittelklasserestaurants. Den teppichverkaufenden Restaurantbesitzer treffen wir nicht mehr an. Macht nichts. Wir haben noch anderes vor.

Wir wollen den Topkapipalast sehen. Der ist auch für mich neu, der 'Wohnsitz' der Osmanen, der Paschas des Osmanischen Reiches.

Wir wollen wieder an der Kasse getrennt walten und wieder stolpert die junge Dame an der Kasse über die fehlenden Finger meiner rechten Hand. You are free, I'm sorry, Sir; höre ich wieder. Jetzt frage ich gezielt nach. Free for that? frage ich mit Blick auf meine rechte Hand. Yes, you are free everywhere, ist die Antwort. Na gut. Nach vierzig Jahren hat meine Unachtsamkeit einen Vorteil für mich entwickelt. 

Beim Eintritt in den Palast müssen wir, wie alle Besucher (auch in der Haya) durch einen Scanner. Dieses Mal kommt ein Mann sofort hinter mir her gerannt, bittet mich, stehen zu bleiben und möchte sehen, was ich in dem kleinen Etui am Gürtel trage. Der Scanner hat mein Taschenmesser entdeckt. Das muß ich einer Kollegin aushändigen, die es mit einem nummerierten Aufkleber versieht, das Gegenstück auf mein Mobiltelephon klebt und mich dann fragt, woher ich den komme. Germany, sage ich. Die Frau lächelt verschmitz und meint: Allemani - immer Messer ...

Da habe ich mein Messer noch
Ich muß herausfinden, wo ich mein Messer zurück bekomme
Herrlicher Blick auf den Galataturm
Nette Wohnanlage
Ablage für Pascha und Haremsinhalt im Pavillon
Was da wohl drauf steht? Vielleicht die 'verlorenen' 10 Gebote?
Für mich ist das die schönste Ecke im Palast
Noch ein Pavillon
Für mich ist dieser Besuch am Ende eher entbehrlich. Ich bin ein wenig enttäuscht. Das 'Anwesen' ist nicht gerade ärmlich, aber den Charme und Charakter eines Domizils aus 1001 Nacht hat der Palast nun auch nicht; nicht für mich. 

Damit ist für uns auch die Rückreise nach Gülzece angesagt. Wir wandern durch die Außenbezirke der Basare hinunter zum Goldenen Horn, wo wir an der Haltestelle gerade noch den abfahrenden Bus unserer Fahrtrichtung stoppen. Wir wollen bezahlen. Das geht nicht. Die Fahrer nehmen kein Bargeld. Wir brauchen ein Ticket. Wir haben eines, aber nur für die Fahrt hierher, bereits abgelöst. Der Fahrer erklärt mir irgend etwas auf türkisch, winkt uns nach hinten, nimmt uns auch so mit. Allah wird auch das entlohnen.

In Gülzece essen wir noch im Ort zu Abend und sind erst gegen 2200 wieder an Bord.


Am nächsten Tag machen wir uns erneut auf den Weg nach Istanbul. Wir wissen wo die Busse in der Endstation parken und wollen dort einsteigen, aber zuvor erfragen, ob wir dort Tickets für beide Streckenabschnitte und den Rückweg kaufen können. Tickets? Kopfschütteln. Do you speak english? Ein verlegenes Lächeln, begleitet von einem Kopfschütteln. Der junge Mann, der die Fahrer hier bewirtet, lädt uns ein, Platz zu nehmen und einen Tee zu trinken. Wir bitten um einige der Backwaren in der Auslage dazu und frühstücken in aller Ruhe. Dann wollen wir zum Bus. Geld nimmt der junge Mann keines von uns. Allah, Du hast viel für uns zu tun.

Die Tickets für die zweite Etappe, Hin- und Rückfahrt, kaufen wir dieses Mal auf Vorrat in der Umstiegsstelle in Yenibosna Metro. Nach weniger als 2 Stunden Fahrzeit sind wir über das Goldene Horn hinweg auf dem Weg zum Taksimplatz. Daran fahren wir in einigem Abstand vorbei. Ich erkenne das erst, als wir durch Straßen fahren, die ich nicht erinnere. Ich bitte den Busfahrer, am Taksimplatz zu halten. Er hält an der nächst möglichen Stelle und zeigt hinter uns; Taksim, Taksim. Jetzt weiß ich, daß wir den Platz bereits verpaßt haben.

Kurz darauf erklärt uns eine Passatin auf meine Nachfrage, daß wir auf dem richtigen Weg sind. 100 m weiter erkenne ich erste bekannte Details.

Taksim Platz
Einstieg in den Istiklal Caddesi
Der Skipper checkt Mails
Große Betonfläche - da muß man wohl nochmal ran
Der Platz ist größer geworden, seit 2012. Busse fahren keine mehr um das Zentrum herum, auch keine PKW, Motorräder ... Sogar die Straßenbahn ist weg. Ich bitte Yilmaz per WhatsApp um Rat und bekomme die Erklärung prompt. Der früher recht heftige Verkehr auf dem Platz ist in Tunnels und/oder um den neuen Platz herum verlegt worden. Der Straßenverkehr sollte von den Menschen getrennt werden.

Wir wandern jetzt gemütlich und genüßlich den Istiklal Caddesi hinunter, die Freiheitsstraße. Das ist die bekannteste Straße Istanbuls, der 'neuen' Stadt. 24 Stunden am Tag läßt sich hier einkaufen, Musik hören, essen und trinken ... Wir wollen ganz langsam den Berg hinunter bis Galata und den Turm besteigen.

Mitfahrer auf der 'Tunel' genannten Bahn
Sonntagsmorgens auf der Freiheitsstraße

Der Skipper ... auch beim Mittagessen auf der Straße ;-)
Helmut bemerkt eine der christlichen Kirchen an der Istiklal Caddesi. Ich zeige ihm die wenige Schritte weiter liegende Basilika Sankt Antonius, wo wenige Minuten nach unserem Eintreten eine italienische Sonntagsmesse beginnt. Wir lauschen den Gesängen ein paar Minuten und machen uns dann leise aus dem Staub.

Galataturm - voller Menschen
Galata - Weg zum Goldenen Horn
Nach dem Mittagessen in einem kleinen Imbiß sind wir direkt am Turm. Der ist so voll Menschen, daß die Warteschlange vor dem Eingang auf mehr als eine 3/4 Stunde mindestens geschätzt wird. Während wir noch überlegen, was wir tun sollen, spricht uns ein Fahrkartenverkäufer an. Er verkauft uns günstige Fahrkarten für eine Bootstour und bringt uns und einen weiteren Fahrgast in 15 Minuten zum Boot, wenn wir wollen. Wir wollen. Die Zeit nutzen wir für einen Espresso und treffen dann den dritten Kunden des Verkäufers, Friethjof aus Bremen, jetzt in Frankfurt a.M. lebend, ein passionierter Segler. Der Kontakt ist sofort da. Wir sprechen nicht nur linguistisch die gleiche Sprache. Der Verkäufer, zu dessen Angebot auch eine kleine Führung durch Galata zu gehören scheint, gibt sehr schnell kopfschüttelnd auf; three germans together...

Die Bootsfahrt ist schön, im kühlen Nordwind ein wenig frisch. Ich bin froh, meine Softshelljacke mitgeschleppt zu haben.

Wer den Bosporus mit dem eigenen Boot befahren möchte, was außer bei extremen Wetter- und Stromverhältnissen kein Problem ist, sollte sich vor allem klar machen, was zwischen Galatabrücke und Besiktas an Fähren auf ihn lauert.


Hier kreuzen Fähren, Fischer, Sportboote in großer Anzahl ihre Wege, oft zu nah für unseren 'Geschmack'. Der Dickschiffverkehr scheint auf die Nacht verschoben zu sein. So lautet eine Information, die wir am Rande aufschnappen.

Darüber hinaus läßt sich über die Bootstour bis zwischen beide Brücken nicht viel erzählen. Diese Tour lebt von den Bildern, die man sieht und (hoffentlich) aufnimmt. Alle meine Photos hier einzustellen, würde euch über alle Maßen belasten, gar nicht gefallen. Vielleicht tut es die kleine Auswahl.

Schöne Häuser
Schöne Moscheen
Zugang zum Wasser für Jedermann
Ein kleiner Ausschnitt der Skyline Istanbuls
Unter der Europabrücke (Bosporusbrücke)
Zugang zum Wasser
Auch das hat sein Ende und wir müssen uns entscheiden, ob wir wieder den Berg hoch wollen, und erneut versuchen, den Galataturm zu ersteigen, oder ob wir einen anderen Programmpunkt finden. Wir können sehen, daß nach wie vor viele Menschen oben im Turm sind. Friethjof schlägt uns ein Lokal unter der Galatabrücke vor. Dort gibt es kaltes Efes vom Faß. Die Entscheidung fällt blitzartig für die Brücke.


Wir hängen quasi unter der stark befahrenen Brücke und hängen hier bei gepflegtem Bier ab. Der Blick in das Goldene Horn hinein entspannt. Es geht uns gut. Wir tauschen mit Friethjof Mailadressen und Telephonnummern aus und überlegen gemeinsame Törns.


Irgendwann machen Helmut und ich uns auf den Weg zurück nach Gülzece. Ja, wir könnten uns wochenlang ohne Langeweile in Istanbul aufhalten. Aber ab Morgen stehen Reparaturarbeiten und Bootsreinigung auf dem Programm und dann der Heimflug.

Jetzt steht noch ein Post mit Statistik aus, sowie die Arbeit der Korrekturen aller auf die Schnelle hier herein gehauenen Tippfehler. Danach ist dann Schluß mit DIESEM Blog. Die Seahrose fährt aber schon in gut fünf Wochen weiter!